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Elena Zarges

Versorgung gestalten in vulnerablen Lebenslagen

Tectum, Baden-Baden, 2023, 196 Seiten, 39,00 €, ISBN 978-3-8288-4914-3 In: Young academics – Pflegewissenschaft, Band 3 

Community Health Nursing (CHN) ist ein international etablierter Ansatz der Gesundheitsversorgung, der in Deutschland bisher noch nicht aufgebaut wurde. Die Aufgaben von akademisch qualifizierten Community Health Nurses (CHNs) liegen in der gesundheitlichen Primärversorgung, in der kommunalen Daseinsvorsorge, im öffentlichen Gesundheitsdienst sowie in der ambulanten Pflege. Auf Basis des Praxisprojektes „Gut leben und alt werden in der Stadt Amöneburg“ ist Elena Zarges in der vorliegenden Masterarbeit der zentralen Forschungsfrage „Welche Herausforderungen können sich für ein erweitertes pflegerisches Rollenbild im ländlichen kommunalen Sozialraum im Kontext von Community Health ergeben?“ explorativ nachgegangen.

Elena Zarges ist Gesundheits- und Krankenpflegerin, Pflegewissenschaftlerin sowie Community Health Nurse. Sie ist freiberuflich im Kontext „Gesundheit und Pflege in der Kommune“ tätig. 

In Kapitel 1 führt Elena Zarges zum Thema hin. Sie zeigt demographische Herausforderungen in ländlichen Regionen auf und skizziert komplexe Anforderungen an die Rolle von CHNs. Zudem stellt sie ihr Forschungsinteresse, das methodische Vorgehen und das grundlegende Praxisprojekt vor. In Kapitel 2 klärt Elena Zarges den theoretischen Rahmen. Sie konkretisiert die unmittelbaren demographischen Auswirkungen auf die Gestaltung von Lebensverhältnissen in Kommunen. Es wird insbesondere der Anstieg von chronisch und mehrfach Erkrankten sowie die Zunahme von Pflegebedürftigkeit betont. Besonders ländliche Regionen stehen diesbezüglich vor Herausforderungen, da die Anforderungen an die dortige Daseinsvorsorge steigen. Ein Überblick über die CHN-relevanten Handlungsfelder Gesundheit und Sorge im kommunalen Sozialraum schließt sich an, zudem wird die Bedeutung von Care und Case Management für das Handeln von CHNs herausgearbeitet. Der wissenschaftliche Diskurs um CHN als wissenschaftsbasierte Tätigkeit einer erweiterten Pflegepraxis wird skizziert. Kapitel 3 ist der methodische Teil der Arbeit. Dazu beleuchtet Elena Zarges zunächst die gewählte Methode der Selbstreflektion und formuliert ein theoretisches, reflexionsleitendes Idealbild für die CHN-Rolle. Es folgt die Darlegung der systematischen Selbstreflektion. Elena Zarges exploriert dazu Fragen zu ihrer Person, Vorannahmen und Vorerfahrungen sowie zum eigenen Vorgehen und Rollenhandeln in den verschiedenen Projektphasen. Abschließend werden kontextuale Einflüsse auf die CHN-Rolle im Projekt diskutiert und die Reflexionen in die Kategorien Rahmenbedingungen, Community-Merkmale und Ich-Leistungen eingeordnet. Das so entstandene Merkmalraster bildet die Grundlage für die Rollenskizze der CHN im ländlichen Raum. In Kapitel 4 folgt die Ergebnisdarstellung. Dazu diskutiert Elena Zarges sowohl die Strukturmerkmale, z. B. Auftrag, Aufgaben, Anforderungen und Arbeitsstruktur, als auch vorausgesetzte Ich-Leistungen, z. B. berufliches Selbstverständnis und Haltung, als auf die Rolle einflussnehmende Faktoren. Darüber hinaus stellt sie die gewonnenen Erkenntnisse zur community of practice dar. Die Erkenntnisse werden in einer Rollenskizze für CHNs im kommunalen Sozialraum zusammengeführt. In Kapitel 5 stellt Elena Zarges ihre Schlussfolgerungen dar. Sie diskutiert Chancen und Grenzen der Rollenskizze und geht auf generelle Limitationen der Erkenntnisse ein. In ihrem Fazit umreißt sie Gelingens-Faktoren für weitere Rollenfindung von CHNs in Deutschland. 

Community Health Nursing auf dem Land ist ein relevanter Beitrag zur tieferen Auseinandersetzung mit CHN-Rollenbildung. Elena Zarges gelingt es, sowohl die komplexen Strukturen und Rahmenbedingungen für CHN als auch die Einflussfaktoren in ländlicher Gesundheitsversorgung zu berücksichtigen und in den konzeptuellen Rahmen für die Rollendefinierung von CHNs zu überführen. Die Masterarbeit hat einen klaren roten Faden und bleibt sowohl im theoretischen Rahmen als auch in der Selbstreflexion eng an der Forschungsfrage ausgerichtet. Komplexe und unscharfe Konzepte, wie etwa den kommunalen Sozialraum oder den Sorgebegriff, beschreibt sie fundiert und legt einen treffsicheren, begrifflichen Rahmen. Elena Zarges legt in der Masterarbeit einen Schwerpunkt auf die Methodik der Selbstreflexion sowie das Entwickeln eines konkreten CHN-Rollenbildes. Dieser Schwerpunkt zahlt auf die konsistente Beantwortung ihrer Forschungsfrage ein und findet sich in der konsequenten Betrachtung von persönlichen Herausforderungen und der kritischen Auseinandersetzung mit dem Projekt „Gut leben und alt werden in der Stadt Amöneburg“ wieder. Dabei ist das Spannungsfeld zwischen wissenschaftlicher Auseinandersetzung und persönlicher Reflexion logisch aufgebaut und gut gelungen. Die Limitationen der Erkenntnisse liegen in der Instabilität des Rollenbildes, einem unzureichenden Sättigungsgrad sowie der hohen Subjektivität, auch diese werden transparent diskutiert. Vorangegangene Erkenntnisse und der gesetzte Theoriebezug bleiben stets nachvollziehbar. Vor dem Hintergrund, dass auch aktuell in Forschungsprojekten eine Erprobung von CHN in Deutschland stattfindet, hat Elena Zarges einen relevanten Beitrag zum wissenschaftlichen Diskurs geliefert. Sie belegt eindrücklich, dass CHN zwar Chancen im ländlichen Raum bietet, eine Überfrachtung mit Anforderungen an noch undefinierte Rollenbilder aber gegenteilig für das Gelingen und die Handlungsfähigkeit von CHNs sein kann und etwa in der Allverfügbarkeit enden. In heterogenen und komplexen communities of practice kann es demnach nicht die eine Rolle CHN geben. Eine flexible Ausgestaltung von CHN begründet wiederum hochqualifizierte Pflegefachpersonen, die die Aufgabe der Berufsentwicklung aktiv gestalten können. 

Elena Zarges ist ein fundierter Einblick in die Rollenfindung von CHNs gelungen, für die es aktuell kaum gelebte Praxis gibt. Es gelingt in dieser wissenschaftlichen Arbeit gut, die Praxisperspektive darzustellen und einen Anfang zur nötigen Debatte zu liefern. Mit ihrer konsequenten Selbstreflexion zahlt Elena Zarges auf die Weiterentwicklung des Pflegeberufes ein. Das Buch ist interessant für Pflegefachpersonen, (Pflege-)Berater*innen, APNs und CHNs, Studierende und Entscheidungsträger*innen. Sie könnten in weiterführenden Projekten bzw. dem praktischen Einsatz von CHNs die Erkenntnisse einfließen lassen und konkrete Rollen- und Aufgabenprofile ableiten.

Eine Rezension von Vanessa Neumann

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