Selbstfürsorge in psychosozialen Berufen

selbstfürsorge in psychosozialen berufen 2von Gunter Groen, Katja Weidmann, Susanne Vaudt & Harald Ansen 

Psychiatrie Verlag GmbH, Köln 2024, 228 Seiten, 35,00 €, ISBN 978-382526221-1

 

Selbstfürsorge spielt in psychosozialen Arbeitsfeldern (u. A. Psychotherapie, Soziale Arbeit, Bildung oder Erziehung) aber auch im Berufsfeld der Rezensierenden, einer professionell Pflegenden, eine zentrale Rolle, die aber häufig noch wenig Berücksichtigung findet.

Ein selbstreflektierender Umgang ist sowohl in Bezug auf positive Erlebnisse wie auch in herausfordernden Situationen, insbesondere beim Akzeptieren von Grenzen im Arbeitsalltag  jedoch dringend erforderlich. Dies bezieht sich nicht nur auf das individuelle Erleben, sondern auch auf die Zusammenarbeit im Team und mit den Adressat*innen. 

Die Autor*innen, Professor*innen an der HAW Hamburg, haben ein Buch konzipiert, welches evidenzbasiert in vier Kapiteln, den aktuellen Forschungsstand zur persönlichen Selbstfürsorge und zum institutionellen Umgang zusammenfasst. Zusätzlich  sind Möglichkeiten zur Selbstreflexion sowie Praxisbeispiele und Anregungen zur Stärkung auf personaler und kollegialer Ebene enthalten.

Kapitel eins vermittelt zunächst ein Grundverständnis zur Selbstfürsorge sowie deren Notwendigkeit, um den vielseitigen Aufgaben und Herausforderungen im Arbeitsalltag gerecht zu werden. Weiterhin folgt eine Darlegung der intrinsischen und extrinsischen Motivation, die zum Ergreifen von psychosozialen Berufen führen kann. 

Die Interaktion mit den verschiedenen Zielgruppen steht im Fokus des zweiten Kapitels. Die direkte Arbeit mit einer Klientel, die unter Umständen zusätzlich psychisch belastet ist, kann zur Herausforderung werden. Insbesondere ein Ungleichgewicht zwischen Nähe und Distanz, resultierend aus überhöhten Selbstansprüchen der Fachkräfte, ist ein dabei häufiges Thema. Neben der direkten Beanspruchung durch die Adressat*innen können unklare Zuständigkeiten im Arbeitsfeld zu einer potenziellen Last werden und bedürfen Aufmerksamkeit bei einer Auseinandersetzung mit der persönlichen Selbstfürsorge und zur Vermeidung eines Burnouts.

Kapitel Drei beinhaltet eine ausführliche Darstellung von Maßnahmen und Ansätzen, die den zuvor beschriebenen Belastungen entgegenwirken können bzw. die psychische Gesundheit positiv unterstützen. Vorgestellt werden Konzepte zur persönlichen Stärkung, aber auch jene, die im kollegialen Rahmen umgesetzt werden können.

Abschließend behandelt Kapitel vier die Verantwortung von Leitungen bzw. des Managements bezüglich der Selbstfürsorge. Der Erhalt der Gesundheit, des Wohlbefindens und der Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden hat Priorität. Arbeitgebende sind gefordert  Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Selbstfürsorge im beruflichen Umfeld angemessen umgesetzt werden kann. Thematisiert werden Möglichkeiten der betrieblichen Umsetzung sowie die Auswirkungen verschiedener Führungsstile. Ergänzend erfolgt eine systematische Zusammenfassung zum Aufbau eines betrieblichen Gesundheitsmanagements mit seinen unterschiedlichen Handlungsfeldern.

Den Autor*innen ist es mit ihrem Buch sehr gut gelungen, kompakt und aufeinander aufbauend den aktuellen, wissenschaftlichen Stand zum Thema Selbstfürsorge in allen beruflichen Ebenen psychosozialer Arbeitsfelder darzustellen. Hervorheben möchte die Rezensierende insbesondere die Zusammenfassungen am Ende der jeweiligen Abschnitte, die die wesentlichen theoretischen Inhalte nochmals aufbereiten. Realistische Praxisbeispiele erleichtern den Zugang zur Thematik. Die Anregungen zur Selbstreflexion ermöglichen es der bzw. dem Lesenden immer wieder seinen individuellen Umgang mit dem Thema zu hinterfragen und ggf. daraufhin seinen Blickwinkel zu ändern. Die Ausführungen zum betrieblichen Gesundheitsmanagement gehören vollständigkeitshalber sicherlich ins Buch und vermitteln gerade Studierenden einen sehr guten theoretischen Überblick. Für Mitarbeitende in der Praxis sind die Inhalte aber wohl weniger relevant als die der anderen drei Kapitel. 

Ihr Ziel, mit diesem Buch mehr Aufmerksamkeit für das Thema Selbstfürsorge zu gewinnen haben die Autor*innen nach Ansicht der Rezensierenden aber sicherlich erreicht.

Eine Rezension von Anke Kampmann