Iniative Match – Netzwerk zur Integration internationaler Gesundheitsfachkräfte (Hrsg.)
medhochzwei Verlag, Heidelberg, 2024, 258 Seiten, 59,00 €, ISBN 978-3-98800-015-6
Aktuell findet nicht nur in den Fachmedien eine breitere Berichterstattung zum Personalmangel im Gesundheitswesen statt. Dabei wird auch auf die internationale Rekrutierung von Pflegepersonal als ein Baustein zur Beseitigung es ersonalmangels eingegangen. Entgegen der aktuellen Diskussion findet die internationale Rekrutierung in Deutschland schon seit ca. 50 Jahren statt und begann in den 1960er / 70er Jahren in Ländern wie Südkorea, Indien und den Philippinen.
Mit dem hier besprochenen Buch möchten die HerausgeberInnen allen Unternehmen, die überlegen, international Pflegekräfte zu rekrutieren oder dies bereits getan haben, einen Leitfaden an die Hand geben, um alle Schritte der internationalen Rekrutierung optimal umzusetzen. Neben der Zielsetzung eines Praxisleitfadens soll außerdem noch eine breitere Darstellung von Erfahrungen in der internationalen Rekrutierung in diversen Settings dargelegt werden, um individuelle, passgenaue Schritte abzuleiten.
Das Buch ist herausgegeben von der Initiative Match, einem Netzwerk zur Integration internationaler Gesundheitsfachkräfte. Diese Initiative wurde 2021 vom Bildungsanbieter Lingoda gegründet, welcher neben Online-Sprachkursen auch Online-Vorbereitungskurse auf Kenntnisprüfungen für Pflegekräfte anbietet.
Wie schon erwähnt, entspricht der Aufbau dem (optimalen) zeitlichen Ablauf einer internationalen Rekrutierung, wobei diese Schritte in der Realität natürlich nicht trennscharf stattfinden. Das erste Kapitel beschäftigt sich deshalb mit der strategischen Personalplanung mit ausschließlichem Bezug zur internationalen Rekrutierung. Nach einem kurzen Einschub zum Thema „Faire Integration“ werden dann verschiedene Wege des Recruitings vorgestellt. Ebenfalls werden Fördermöglichkeiten bei der meist kostenintensiven Rekrutierung präsentiert. Alle Kapitel sind kompakt und übersichtlich gestaltet und bieten praktische Tabellen und Abbildungen.
Das sechste und siebte Kapitel des Buches, mit einem Umfang von etwa 120 Seiten, kann als Hauptteil des Buches betrachtet werden. Im sechsten Kapitel werden zwar auch neue Themen vorgestellt (Visumsprozess und Spracherwerb), aber vor allem detaillierter auf die in den vorherigen Kapiteln dargestellten Inhalte eingegangen. Das siebte Kapitel setzt den Fokus auf das Thema Onboarding. Das letzte Kapitel ist als Ausblick gedacht, macht aber auch Grundsätze des Diversity-Managements deutlich.
Das Inhaltsverzeichnis des Buches ist detailliert und kann entsprechend für eine zielgenaue Themensuche genutzt werden. Es ist ein Literaturverzeichnis sowie ein Verzeichnis der AutorInnen- und HerausgeberInnen. Ein Abbildungsverzeichnis fehlt.
Die Rekrutierung internationaler Pflegekräfte ist zwar kein neues Thema, sehr vielen Einrichtungen fehlen aber Erfahrungen in der aktiven Rekrutierung. Und auch wenn ca. 25 Prozent der MitarbeiterInnen im Pflegedienst einen Migrationshintergrund haben, spielte die Integration derselbigen bisher eine untergeordnete oder keine Rolle. „Entsprechend haben wir dieses Buch als Praxisleitfaden konzipiert.“ schreiben deshalb die HerausgeberInnen im Vorwort des Buches und zwar mit dem „Anspruch, Komplexität zu reduzieren und […] den Lesern eine Orientierung im dichten Dschungel von Anwerbung, Anerkennung und Integration [zu] geben.“
Der Rezensent des Buches ist mit diesem Thema vertraut und hält diesen Anspruch für unterstützenswert. Zu unbekannt und unterschiedlich sind die Informationen zu diesem Thema und da der Bereich häufig privatwirtschaftlich organisiert ist, müssen die Ratschläge und Vorgehensweisen genau analysiert werden, um der Werbung der Anbieter nicht blind zu vertrauen.
Fasst man Kapitel 1 bis 5 und 7 zusammen, kann man dem optimalen Weg einer internationalen Rekrutierung nachvollziehbar und chronologisch folgen. Man erhält – verbunden mit guten Abbildungen und Checklisten – praktisches Rüstzeug, wenn man sich vorher noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Dies ist für eine Vielzahl von Personen sinnvoll, z. B.
- beauftragtes oder zuständiges Personal, welches sich mit dem Thema internationaler Rekrutierung durch Unternehmen erstmalig auseinandersetzen möchte
- erfahreneres Personal, dass ein übersichtliches Handbuch haben möchte, um Informationen zusammengefasst und übersichtlich weiterzugeben
- Lehrpersonal, welches dieses Thema strukturiert und funktional erklären möchte
Weiterhin ist anzumerken, dass die Auswahl der AutorInnen durch die Initiative Match sehr gut gelungen ist, um die jeweiligen Themengebiete mit der entsprechenden Expertise zu untermauern. So wird beispielsweise das Gütezeichen „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ von der Leitung der Geschäftsstelle vorgestellt oder Visaverfahren durch den Pressesprecher der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung erläutert. Für Erfahrungen aus den akut- und langzeitstationären Einrichtungen kommen für die notwendige Praxisnähe Geschäftsführungen, Pflegedienstleitungen sowie Gesundheits- und Krankenpflegerinnen zu Wort.
Das sechste und größte Kapitel vertieft dabei das Wissen aus den vorherigen Kapiteln und hilft sicherlich einigen Lesenden, die Themen genauer zu verstehen. Für Menschen, die sich bereits vorher mit der Thematik auseinandergesetzt haben, bietet dieses Kapitel aus Sicht des Rezensenten allerdings nur wenig Mehrwert. Zusätzlich darf hier angemerkt werden, dass einzelne (kurze) Unterkapitel als eine Art Werbung für die eigenen Angebote gelesen werden könnten.
Das letzte Kapitel bietet eine gute Darstellung des Themas Diversität, liefert ansonsten aber eher wenig Erkenntnisse. Ein Unterkapitel arbeitet sogar am selbst gewählten Thema vorbei.
Diese kleinen Kritikpunkte sind aber marginal. Dem Buch kann definitiv das Prädikat „Praxisleitfaden“ gegeben werden und es ist empfehlenswert für alle oben genannten Personengruppen und darüber hinaus.
Ein letzter, aber wichtiger Hinweis: Die Initiative Match möchte mit diesem Buch die internationale Rekrutierung unterstützen, fördern und langfristig verbessern. Ein Praxisleitfaden soll Komplexität reduzieren. Deshalb findet eine ausschließlich positive, also keine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema „Internationale Rekrutierung“ statt. Eine wissenschaftliche Beleuchtung findet man in diesem Buch ebenfalls nur am Rande und müsste sich (evtl. mit Hilfe des Literaturverzeichnisses) näher damit auseinandersetzen.
Eine Rezension von Simon Ludwig-Pricha
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