von Christoph von Dach & Hanna Mayer (Hrsg.)
Hogrefe Verlag, Bern, 2023, 266 Seiten, 60,00 €, ISBN 978-3-456-86123-4
„Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt“ – so heißt es in zahlreichen Leitbildern von Pflege- und Gesundheitseinrichtungen. Doch wie genau stellt man das an? Menschen und ihre Bedürfnisse wahrhaftig und aktiv in Planung und Gestaltung des Pflege- oder Genesungsprozesses einzubeziehen, stellt sich in der Praxis wesentlich anspruchsvoller dar, als es sich auf den Webseiten der Einrichtungen oft nachlesen lässt.
Während personzentrierte Versorgung bspw. in den USA vom Institute of Medicine bereits 2001 als eins von sechs Gesundheitszielen beschrieben wurde, wird das Thema im deutschsprachigen Raum bislang vorwiegend theoretisch in Forschung und Lehre diskutiert.
In ihrem Buch bieten von Dach und Mayer einen umfassenden Überblick über die Grundlagen der personzentrierten Pflege und zeigen auf, wie diese Perspektive nicht nur theoretisch diskutiert, sondern in der Praxis umgesetzt werden kann.
Prof. Dr. Christoph von Dach verfügt über langjährige und vielseitige Erfahrung mit personzentrierter Pflege, sowohl in der Praxis als auch aus wissenschaftlicher Perspektive. Seine beruflichen Stationen führten ihn über die Pflegeentwicklung am Universitätsspital in Zürich und der Solothurner Spitäler AG zur Berner Fachhochschule, wo er aktuell als Dozent tätig ist.
Auch Univ.-Prof. Dr. Hanna Mayer ist eine prominente Expertin zum Thema personzentrierte Pflege und hat maßgeblich zur Entwicklung und Bekanntheit dieses Themenfeldes beigetragen. Sie ist Vorständin des pflegewissenschaftlichen Instituts der Universität Wien und Leiterin des Fachbereichs Pflegewissenschaft an der Karl Landsteiner Privatuniversität. Gemeinsam mit u. a. Brendan McCormack und Tanya McCance hat sie das PeoPle Modell für personzentrierte Pflege für die Langzeitpflege entwickelt.
Beide Herausgebenden verantworten nicht nur dieses Buch gemeinsam, sondern haben auch das D-A-CH Netzwerk für Person-Centered Care im deutschsprachigen Europa und der Schweiz mitbegründet.
Mit dem Buch „Personzentrierte Pflegepraxis“ haben sie sich das Ziel gesetzt, eine deutschsprachige Grundlage für Praxis, Forschung und Lehre im Bereich der personzentrierten Pflege zu schaffen und konkrete Strategien für die Entwicklung einer personzentrierten Kultur aufzuzeigen.
Personzentrierte Pflegepraxis ist in fünf Hauptteile gegliedert, die verschiedene Facetten personzentrierter Pflege in logisch-chronologischer Reihenfolge betrachten. Zunächst werden die theoretischen Grundlagen wie das Person-centered Practice Framework und das PeoPle Modell eingeführt. Der anschließende Teil widmet sich der Praxisentwicklung mit Strategien zur Etablierung einer personzentrierten Kultur. Im dritten Teil wird Leadership als wichtige Voraussetzung für personzentrierung thematisiert, gefolgt von einer Betrachtung von Evaluations- und Forschungsmethoden im Kontext der personzentrierten Pflege. Schließlich werden im letzten Teil Ausbildungsansätze und Lehrmethoden für eine personzentrierte Pflegepraxis vorgestellt. Durch diesen Aufbau wird die Beziehung zwischen Personzentrierung und Praxisentwicklung gut nachvollziehbar dargestellt: Personzentrierung ist das orientierungsstiftende Fundament, sowohl Start als auch Ziel von Praxisentwicklung.
In der Zusammenarbeit mit internationalen Expert:innen u. a. aus Österreich, der Schweiz und Deutschland gelingt es den Herausgebenden, eine Vielfalt an Perspektiven und Erfahrungen in einem Buch zu bündeln. Sie zeigen auf, wie Praxisentwicklung hin zur Personzentrierung in verschiedenen Settings der Pflege auch im deutschsprachigen Raum umgesetzt werden kann.
Personzentrierung wird im Buch breit und vielseitig gefasst. Während das Person-centered Practice Framework seinen Ursprung im Krankenhaussetting hat, wird in diesem Buch mit dem PepPle Modell vorgestellt, wie personzentrierte Versorgung in der Langzeitpflege umgesetzt werden kann.
Es werden also nicht nur theoretische Grundlagen betrachtet, sondern auch praxisorientierte Ansätze für die Umsetzung einer personzentrierten Kultur in unterschiedlichen Pflegekontexten der Akut- und Langzeitpflege im deutschsprachigen Raum beschrieben.
Das Buch „Personzentrierte Pflegepraxis“ ist für ganz unterschiedliche Zielgruppen empfehlenswert:
Pflegefachpersonen und Führungskräfte im Bereich der Pflegepraxis, -forschung, -lehre und -entwicklung profitieren von den fundierten theoretischen Grundlagen in Kombination mit den praxisorientierten Ansätzen des Buchs. Es eignet sich als Inspiration und Leitfaden für die Entwicklung einer personzentrierten Kultur in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen und unterstützt bei der Umsetzung konkreter Strategien zur Verbesserung der Pflegepraxis. Für Lehrende in Aus- und Weiterbildung sind das im Buch beschriebene Mentorenkonzept sowie Einblicke in ein Curriculum zur Befähigung zu personzentrierter Pflegepraxis im Rahmen des Pflegestudiums von besonderem Interesse.
Darüber hinaus ist das Buch auch für Studierende und Auszubildende der Pflege zu empfehlen. Die theoretischen Grundlagen sind leicht verständlich und insbesondere der Teil zur Praxisentwicklung kann Lernenden und Berufseinsteigenden dabei helfen, zwischen dem eigenen professionellen Anspruch und der erlebten Praxis zu moderieren.
Das Buch ist übersichtlich strukturiert und gestaltet. Jedes Kapitel beginnt mit einer Einleitung, die die Lesenden auf den Inhalt des kommenden Buchabschnitts vorbereitet, und endet mit einem Fazit, das die wichtigsten Punkte zusammenfasst. Definitionen und andere wichtige Informationen werden durch farbige Kästen hervorgehoben. Literaturnachweise finden sich am Ende jedes Kapitels. Graphische Darstellungen und Tabellen unterstützen die Veranschaulichung von Konzepten und Zusammenhängen angemessen. Insgesamt erleichtert die übersichtliche Gestaltung des Buches das Verständnis der Inhalte. Jedoch würde der Lesefluss in einigen Unterkapiteln (bspw. 2.1.2 Definition und Entwicklung der Methodologie) von einem zurückhaltenderen Einsatz von Kästen, Tabellen und Grafiken profitieren.
Das Buch hebt sich durch seine umfassende Behandlung des Themas, die regionale Ausrichtung, die praxisnahen Ansätze und die übersichtliche Gestaltung von vergleichbaren Büchern ab. Es bietet konkrete Strategien für die Entwicklung einer personzentrierten Kultur und tritt besonders durch seine umfassende und vielseitige Betrachtung des Themas hervor.
Die Herausgebenden und Autor:innen haben mit diesem Buch ihr selbstgestecktes Ziel erfolgreich erreicht: „Personzentrierte Pflegepraxis“ verbindet umfassende theoretische Grundlagen mit praxisnahen Ansätzen sowie regionalen Fallstudien und bezieht aktuelle Forschungsergebnisse mit ein. Das Buch leistet einen wichtigen Beitrag zur Förderung der personzentrierten Pflegepraxis im deutschsprachigen Raum.
Eine Rezension von Johannes Wünscher
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