Der Pflegeprozess – Prozesshafte Pflegebeziehungen

Bettina Maria Hojdelewicz

Der Pflegeprozess

Prozesshafte Pflegebeziehungen

Facultas Verlag, Wien, 2021, 117 Seiten, 24,20 €, ISBN 978-3-7089-2109-0, 3. Auflage 

Der Pflegeprozess begleitet professionell Pflegende von Beginn der Berufsausbildung, innerhalb verschiedener beruflicher Kontexte wie z. B. Akut- und Langzeitpflege sowie in der Pflege von unterschiedlichen Zielgruppen, z. B. der Neonatologie bis hin zu palliativen Settings. Die umfassende und systematische Planung, Durchführung und Dokumentation pflegerischer Maßnahmen sind Inhalte des Pflegeprozesses. Beziehungs- und Problemlösungsprozesse sind weitere Säulen des professionellen, beruflichen Habitus von Pflegefachpersonen. 

Bettina Maria Hojdelewicz formuliert im Vorwort ihres Buches zwei persönliche Ziele, die gleichzeitig Motivation für Lernende schaffen: Die Bedeutung für einen gelingenden Gesamtprozess (Sprache, Wahrnehmung, professionelle Pflegebeziehungen, Personenzentrierung) sowie die nachvollziehbare Darstellung des Pflegeprozesses vermitteln. Die professionelle Gesundheits- und Krankenpflege habe damit nicht nur in der SARS-CoV-2 Pandemie eine Schlüsselfunktion. Grund genug in der mittlerweile dritten Auflage des Lehrbuchs die Grundlagen des Pflegeprozesses aufzubereiten und damit das Wissen für andere entsprechend darzustellen und gleichzeitig neu dran zu erinnern. 

Besonders gelungen ist die Darstellung grundlegender fachbezogener Erkenntnisse, wie z. B. des Problemlösungsprozesses, kombiniert mit Elementen des Beziehungsprozesses. So gelingt es der Autorin die professionelle Pflege einerseits objektiv-strukturierbar und gleichzeitig mit dem Schwerpunkt auf Interaktionen und Beziehungsqualität darzustellen. 

Mag. Bettina Maria Hojdelewicz ist Standort-Studiengangsleiterin Gesundheits- und Krankenpflege (Bachelor) an der Fachhochschule Campus Wien. Sie studierte Pflegewissenschaft an der Universität Wien, ist Lehrerin für Gesundheits- und Krankenpflege. Außerdem ist sie in Lehre und Forschung an der FH Campus Wien involviert. Weitere Bücher der Autorin liegen zum Thema onkologische Pflege vor. 

Das vorliegende Buch ist ein Lehrbuch. Dem Klappentext ist zu entnehmen, dass es sich an Studierende, Lernende und Lehrende aber auch an Personen aus der direkten Pflegepraxis richtet. Die dritte Auflage ist im Jahr 2021 erschienen. 

Das vorliegende Lehrbuch hat zehn Kapitel. Von Professionalisierung, über den Beziehungsprozess, Assessments bis hin zu Prinzipien der Pflegedokumentation werden sämtliche Inhalte des Pflegeprozesses ausführlich und präzise zugleich dargestellt. Jedes Kapitel startet mit allgemeinen Informationen, Definitionen und Beschreibungen zum jeweiligen Thema. Die Kapitel enden mit einer Zusammenfassung und Fragen zur Festigung des Wissens. Grafisch sind wesentliche Definitionen und Beschreibungen blau, Zusammenfassungen grün und Fragen zur Festigung des Wissens gelb dargestellt. Zahlreiche Abbildungen spicken die einzelnen Kapitel, sodass Inhalte visuell verständlich untermalt werden. Praktische Bezüge schafft das Lehrbuch durch Fallbeispiele. Hierdurch können theoretische Inhalte mit der angewandten Praxis verbunden werden. Alle Inhalte sind sprachlich verständlich aufbereitet.

Der Pflegeprozess ist Handwerkszeug und theoretischer Rahmen professioneller Pflege zugleich. Der Pflegeprozess kann trotz des schematischen Aufbaus in allen Kontexten professioneller Pflege angewendet werden. Er ist zeitlos und daher aktuell. Weitere theoretische Entwicklung, wie z. B. Pflegediagnosen sind in den Kontext des Pflegeprozesses einbettbar. Beim Lesen selbst ist spürbar, dass sich hinter dem Pflegeprozess mehr versteckt als ein reines Phasenmodell. Vielmehr geht es unter anderem um Professionalität, Struktur, Nachvollziehbarkeit, Gesetze und nicht zuletzt dem Sichtbar werden der Pflegewissenschaft. Das Buch erfüllt daher die Anforderung, sich mit dem Pflegeprozess auseinanderzusetzen und ist thematisch breit genug gefasst. Es wird deutlich, dass Pflege prozesshaft entwickelt wird und hierfür Fachwissen erforderlich ist. Das Ziel der Publikation lautet, Wissen über das komplexe Geschehen des Pflegeprozesses zu vertiefen. Es kann als erreicht bezeichnet werden. Überraschend ist, dass das Lehrbuch trotz Tiefe keine Eintönigkeit vermittelt und spannend, ansprechend und umfassend zugleich gestaltet ist. 

Weiterführende Literatur kann durch die aufgeführten Literaturangaben im Buch beschafft werden. Neuere Publikationen als auch Klassiker der Pflegewissenschaft wie grundlegende Pflegetheorien sind aufgeführt und werden modern in das neue Zeitalter eingebettet. Mit über 80 Literaturangaben sind zahlreiche interessante Bezüge vorhanden und kompakt dargestellt. 

Die einzige Kritik an das Buch kann darin aufgezeigt werden, dass sich gesetzliche Anforderungen auf Österreich beziehen (vgl. z. B. S. 11, 46–48). Suchen die Lesenden gesetzliche Bezüge innerhalb Deutschlands oder der Schweiz, müssen sie sich selbst auf die Suche begeben. Wünschenswert wären trotz fehlender Ausführungen Anmerkungen oder Hinweise gewesen. 

Das vorliegende Buch ist das aktuellste mit reinem Fokus auf den Pflegeprozess und damit ein Grundlagenwerk der heutigen Zeit. Vergleichbare Lehrbücher, welche Grundlagen und vertiefte Erkenntnisse bieten, konnten nicht identifiziert werden. 

Dieses Buch eignet sich für Lernende der pflegerischen Fachberufe als auch Studierende im Pflegewesen sowie Lehrende der Pflegewissenschaft. Eine weitere Zielgruppe sind praktisch Pflegende. Es schafft durch theoretische Grundlagen eine gelungene Wissensbasis, welche die direkte Anwendung in die Praxis erlaubt. Die Fallbeispiele als auch die Wissensfragen können zur selbstständigen Erarbeitung des Lernstoffs als auch zur methodisch-didaktische Unterrichtsplanung- und Durchführung verwendet werden. 

Die Autorin schafft es, den Pflegeprozess umfassend darzustellen ohne sich in theoretischen Darstellungen zu verlieren. Ein gelungenes Lehrbuch, welches Theorie schärft und Praxis verändern kann. 

Eine Rezension von Roman Helbig