Public Health, Eugenik und Rassenhygiene in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus

Public Health
 
Baader, G. und J. Peter (Hrsg.)
Public Health, Eugenik und Rassenhygiene in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus
Gesundheit und Krankheit als Vision der Volksgemeinschaft
Mabuse Verlag, Frankfurt a.M., 2018, 250 S., 34,95 €, ISBN 978-3-86321-407-4

Das vorliegende Buch beinhaltet neben der Einleitung insgesamt sieben Beiträge zum Themenbereich, der im Titel genannt ist (Das zweite und vierte Kapitel sind Nachdrucke, die Beiträge wurden also schon an anderer Stelle veröffentlicht.). Der Schwerpunkt liegt dabei eher auf den Entstehungszusammenhängen und Hintergründen für die im Untertitel genannte „Vision“. Zusammen bearbeiten die sechs ausgewiesenen Experten (ausnahmslos männliche Autoren) dabei verschiedene Aspekte:
• Jürgen Peter: Einleitung
In der Einleitung geht Jürgen Peter auf die Entwicklungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein, die zu einer zunehmenden gesellschaftlichen Bedeutung der Rassenhygiene führten. Ebenfalls werden die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs sowie die sozialpolitischen Veränderungen in der Weimarer Republik angesprochen.
• Peter Weingart: Eugenics and Race-Hygiene in the German Context. A Legacy of Science Turned Bad?
Peter Weingart arbeitet heraus, warum medizinische Wissenschaftler sich zunehmend politisch engagierten und die Ideen der Eugenik und Rassenhygiene auf den Staat bezogen.
• Alfons Labisch: Die “hygienische Revolution” im medizinischen Denken. Die NS-Medizin als Aspekt der Moderne
Alfons Labisch erläutert anschließend, wie die Ideen der Hygiene ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts mit den Interessen des Staates verflochten wurden.
• Ulf Schmidt: Sozialhygienische Filme und Propaganda in der Weimarer Republik
Der Beitrag von Ulf Schmidt knüpft hier an und analysiert Filme der 1920er Jahre, die der Öffentlichkeit als Gesundheitsaufklärung mit sehr unterschiedlichem Erfolg präsentiert wurden.
• Gerhard Baader: Rassenhygiene und Eugenik – Vorbedingungen für die Vernichtungsstrategien gegen so genannte „Minderwertige“ im Nationalsozialismus
Gerhard Baader greift in einem relativ kurzen Beitrag die Rassenhygiene und Eugenik als Vorbedingung für die Ermordung von Menschen in der NS-Zeit auf.
 Jürgen Peter: Psychiatrie um 1900. Psychiatrie und Rassenhygiene. Rassenhygienische Prämissen in der deutschen Psychiatrie
Jürgen Peter widmet ein Kapitel dem Zusammenhang zwischen der Psychiatrie und der Rassenhygiene und weist u. a. auf die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs auf die Entwicklung der Psychiatrie als medizinische Fachrichtung hin, die sich von der Psychologie und Psychoanalyse weitgehend löste.
• Ralf Seidel: St. Alban oder das Recht auf Gastlichkeit. Von der Notwendigkeit einer anthropologisch fundierten Psychiatrie
Ralf Seidel plädiert anschließend für die Notwendigkeit, philosophische Aspekte in der Psychiatrie zu berücksichtigen.
• Gerhard Baader: Psychiatrie im Nationalsozialismus zwischen ökonomischer Rationalität und Patientenmord
Im vorletzten Kapitel erläutert Gerhard Baader den Zusammenhang zwischen den ideologisch begründeten Morden an Menschen und wirtschaftlichen Aspekten.
• Jürgen Peter: Derealisierung und Nachkriegsgesellschaft
Das letzte Kapitel von Jürgen Peter beschäftigt sich mit der Verdrängung des Geschehens in der Nachkriegszeit.

Das Buch ist nicht leicht zu lesen. Die einzelnen Beiträge können zwar unabhängig voneinander gelesen werden, es empfiehlt sich jedoch, die Reihenfolge einzuhalten, um die Beiträge auch in ihrem Zusammenhang würdigen zu können. So lässt sich auch die Komplexität des Geschehenen besser verstehen. Wer über die Hintergründe und die Zusammenhänge der Ideen von Public Health, Eugenik und Rassenhygiene mehr erfahren möchte, dem kann das Buch empfohlen werden.

Kritisch anzumerken ist, dass in einigen Beiträgen die Interpunktion fehlerhaft ist, teilweise wäre auch die Einteilung in mehr Abschnitte leseförderlich. Schade ist es, dass auf dem Buchumschlag der Untertitel „Gesundheit und Krankheit als Vision der Volksgemeinschaft“ fehlt. So könnte bei einem flüchtigen Lesen des Titels nicht deutlich werden, dass hier nicht der Schwerpunkt auf den Verbrechen der NS-Zeit gelegt wird, sondern die komplexen Hintergründe aufgezeigt werden.

Eine Rezension von Mathilde Hackmann, M.Sc.