In der Pflegebranche herrscht ein massiver Fachkräftemangel: Laut Deutschem Pflegerat sind aktuell 115.000 Stellen unbesetzt, und die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland steigt stetig. Während derzeit rund fünf Millionen Menschen pflegebedürftig sind, könnten es bis 2040 sechs Millionen sein. Angesichts dieser Herausforderungen kann der gezielte Einsatz von Technik helfen, das knappe Personal effizienter zu nutzen. Eine aktuelle Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen (UDE) in Zusammenarbeit mit der Juniorprofessur für Gesundheit und E-Health an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) untersucht, wie Altenpflegekräfte – die Hauptnutzer solcher Technologien – dem Einsatz von Smart Speakern gegenüberstehen.
Um die Krise im deutschen Pflegesystem zu bewältigen, werden nicht nur Maßnahmen wie die Anwerbung ausländischer Fachkräfte, Gehaltserhöhungen und flexible Arbeitszeitmodelle diskutiert, sondern zunehmend auch die Möglichkeiten der Digitalisierung. Neben digitaler Dokumentation werden der Einsatz von Robotern und anderen Assistenzsystemen wie Smart Speakern in Betracht gezogen. Die aktuelle Studie des IAQ in Kooperation mit der Juniorprofessur für Gesundheit und E-Health an der RUB beleuchtet die Einstellungen von Pflegekräften zur Digitalisierung und insbesondere zur Nutzung von Smart Speakern in der stationären Altenpflege.
Smart Speaker wie Amazons Alexa, Echo oder Siri sind digitale Assistenten, die sowohl einfache Aufgaben wie das Beantworten von Fragen als auch komplexere Aufträge wie das Anschalten des Lichts übernehmen können. In der stationären Pflege werden sie bisher selten eingesetzt, doch es gibt bereits einige Pilotprojekte. Sabrina Schorr, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der RUB, erforscht seit längerem die Potenziale von Smart Speakern in der Pflege. Im Zentrum ihrer Forschung steht die Frage, wie Pflegekräfte den Einsatz dieser technischen Alltagshelfer in ihrer Einrichtung beurteilen. Für ihre von Prof. Dr. Ute Klammer (UDE) und Prof. Dr. Sebastian Merkel (RUB) betreute Masterarbeit führte sie sowohl eine quantitative Erhebung als auch vertiefende Interviews mit Pflegekräften durch, die seit mindestens einem Jahr in stationären Pflegeeinrichtungen tätig sind.
Überraschenderweise stehen die befragten Pflegekräfte dem Einsatz von Sprachassistenzsystemen grundsätzlich positiv gegenüber. „Es gibt das weit verbreitete Vorurteil, dass Pflegende technische Unterstützung generell ablehnen, weil sie ihren Beruf als menschennah verstehen und sich durch Technik gestört fühlen“, berichtet Prof. Dr. Sebastian Merkel. Schorr betont jedoch die vielfältigen Anwendungsbereiche: „Am meisten Potenzial sehen die Befragten bei der Kommunikation mit nicht deutschsprachigen Patient/innen.“ Auch die Zeitersparnis durch die Möglichkeit, dass Patien/innen beim Erstkontakt ihre Anliegen über den Smart Speaker äußern können, würde den Arbeitsalltag der Pflegekräfte erleichtern.
Ein starker Fokus lag bei den Befragten auf dem Datenschutz. Hierbei wurde besonders der Schutz der Privatsphäre der Patient/innen hervorgehoben. Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Zuverlässigkeit der technischen Hilfsmittel. „Nur wenn die Pflegekräfte darauf vertrauen können, dass ein Gerät nicht ausfällt, z.B. wegen mangelnder Infrastruktur, wird der Smart Speaker akzeptiert werden“, erklärt Schorr.
Die Einführung smarter Technologien in der Altenpflege erfordert sorgfältige Vorbereitung. Der größte Vorteil wird in der Entlastung der Pflegekräfte gesehen, was helfen könnte, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und das Personal effizienter einzusetzen. „Diese Vorteile lassen sich jedoch nur im Zusammenwirken mit den Beschäftigten erzielen. Die Pflegekräfte von Anfang an in die Prozesse der Einführung einzubinden, ist unabdingbar“, betont Prof. Dr. Ute Klammer. „Die Menschen bei den durch die Digitalisierung anstehenden Veränderungen mitzunehmen, ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren.“
Publikation:
Sabrina Schorr, Ute Klammer, Sebastian Merkel, 2024: Einstellungen des Altenpflegepersonals zur Digitalisierung in der stationären Pflege am Beispiel „Smarter Lautsprecher“. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Report 2024-07. https://www.uni-due.de/iaq/iaq-report-info.php?nr=2024-07
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Ute Klammer, Geschäftsführende Direktorin Institut Arbeit und Qualifikation, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Sabrina Schorr, Ruhr-Universität Bochum, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Prof. Dr. Sebastian Merkel, Juniorprofessur für Gesundheit und E-Health, Ruhr-Universität Bochum, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Zur Medienmitteilung: https://www.uni-due.de/2024-07-15-alexa-trifft-altenheim
Foto: stock.adobe.com – epiximages
health4care: BARMER und DIP starten Projekt zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen in der Langzeitpflege
25 Jahre DIP – Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung feiert Jubiläum
Aktualisierung des Expertenstandards zur Pflege chronischer Wunden: Bewerbungsaufruf für Praxisprojekt
Zeige mir Aktuelles aus der Kategorie...
Den Überblick über die aktuelle Pflegeforschung behalten?
Mit aktuellen Forschungsergebnissen, innovativen Ansätzen und praxisrelevanten Artikeln bietet Ihnen die Fachzeitschrift Pflegewissenschaft wertvolles Wissen für die Pflegepraxis und den wissenschaftlichen Diskurs.
Den Überblick über die
aktuelle Pflegeforschung
behalten?
Mit aktuellen Forschungsergebnissen, innovativen Ansätzen und praxisrelevanten Artikeln bietet Ihnen die Fachzeitschrift Pflegewissenschaft wertvolles Wissen für die Pflegepraxis und den wissenschaftlichen Diskurs.
Den Überblick über die
aktuelle Pflegeforschung
behalten?
Mit aktuellen Forschungsergebnissen, innovativen Ansätzen und praxisrelevanten Artikeln bietet Ihnen die Fachzeitschrift Pflegewissenschaft wertvolles Wissen für die Pflegepraxis und den wissenschaftlichen Diskurs.