Der Berufsverband Kinderkrankenpflege Österreich präsentierte im Rahmen eines Medientermins die ersten Erfahrungen aus dem wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekt „School Nurses“ der Stadt Wien. Der Berufsverband und die Direktor*innen der Pilotschulen leiten daraus dringende Handlungsempfehlungen ab.
Gesundheitliche Beeinträchtigungen und akute bzw. chronische Erkrankungen beeinträchtigen die Schulleistungen und können langfristig zu psychischen Störungen, verringerter Ausbildungsfähigkeit und höherem Arbeitslosigkeitsrisiko führen (Esser, 2015, zit. in Gundolf, 2019). Eine etablierte Maßnahme zur Unterstützung der schulischen Gesundheit ist der Einsatz von School Health Nurses. Die Stadt Wien hat hier eine Vorreiterrolle eingenommen und seit Mai 2022 Pflegepersonen an ausgewählten Schulen eingesetzt, um die gesundheitliche und psychosoziale Gesundheit von rund 1.400 Schülerinnen zu verbessern. „School Nurses sind unverzichtbar für die Schulgesundheitspflege“, betont Mag.a Michaela Bilir, Leiterin der Expertinnen-Gruppe „School Nurse“ im Berufsverband Kinderkrankenpflege Österreich.
Erste Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung durch das Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien zeigen den hohen Nutzen des Projekts. Zwischen Mai und Dezember 2022 wurden 2260 Einsätze dokumentiert: 642 Notfallmanagement/Erstversorgung, 1287 Gesundheitsförderung und -prävention, 164 Betreuung chronisch kranker Kinder und Jugendliche, und 167 Gesundheitsvorsorge, einschließlich Unterstützung bei Impfungen und Reihenuntersuchungen. Prof. Hans-Peter Hutter hebt die Bedeutung und das Potenzial der School Nurses für die Gesundheitsförderung bei Kindern und Jugendlichen hervor.
Direktor OSR Manfred Baumgartner von der Mittelschule Bendagasse in Wien berichtet, dass die School Nurse die erste Ansprechperson in Gesundheitsfragen und bei der Betreuung chronisch kranker Kinder ist. Dank der Betreuung durch die School Nurse konnten chronisch kranke Kinder am Unterricht und an Schulveranstaltungen teilnehmen, wie der Fall einer Schülerin mit Diabetes Typ 1 zeigt, die durch die Begleitung der School Nurse an einer Klassenfahrt teilnehmen konnte.
Direktorin Irene Jagersberger berichtete, dass die School Nurse mittlerweile ein unverzichtbarer Bestandteil des Teams am Campus Monte Laa geworden ist. Neben Akutversorgung und der Betreuung chronisch kranker Kinder umfasst der Einsatzbereich der School Nurse auch die Kommunikation mit Eltern bei gesundheitlichen Beschwerden der Kinder sowie Gespräche mit Schülerinnen, deren psychische Probleme sich in körperlichen Symptomen äußern. Darüber hinaus spielt die School Nurse eine wichtige Rolle bei der Beratung von Lehrkräften und Freizeitpädagoginnen in den Bereichen Gesundheitsvorsorge, Ernährungsberatung und Suchtprävention sowie in der Vernetzung mit außerschulischen Institutionen. Prof. Hutter lobte das breite Spektrum an Aufgaben und Kompetenzen der School Nurse als Paradebeispiel für vorsorgeorientierte Betreuung.
Die School Nurses bieten gezielte Angebote zur Förderung der Gesundheitskompetenz aller Beteiligten, unterstützen bei Präventionsprogrammen und führen Workshops zu gesundheitsrelevanten Themen durch. Ihr Wirken trägt zur Früherkennung von Krankheiten bei und stärkt die Gesundheitskompetenz der Schulgemeinschaft. „Die School Nurse fördert die Integration aller Beteiligten in Gesundheitsprogramme“, so Baumgartner.
Eine gut ausgestattete Schulgesundheitspflege ist laut den Expert*innen ein grundlegender Baustein für ernstzunehmende Prävention. „Der Einsatz von School Nurses schafft positive Gesundheitseinflüsse nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch für das gesamte soziale Umfeld der Schule“, erläutert Hutter.
Die Handlungsempfehlungen der Expert*innen basieren auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungen der Pilotschulen:
- Schrittweise flächendeckende Ausrollung der School Health Nurse im Pflichtschulbereich.
- Nachhaltige Finanzierung der School Health Nurse.
- Verankerung der School Health Nurse in der Bundes- und Landeszielsteuerungskommission.
- Anbindung der School Health Nurse bei der Landesgesundheitsbehörde.
- Ergänzung des Schulunterrichtsgesetzes §13 um den Begriff des Schulgesundheitsteams, z.B. School Health Nurse, Schulpsychologinnen, Schulsozialarbeiterinnen, Ergotherapeut*innen.
Basierend auf internationalen Erfahrungswerten wird ein Betreuungsschlüssel von 1:500 empfohlen. Die Netzwerkarbeit mit allen Gesundheitsdienstleistern erfordert die Anbindung der School Health Nurse an die Landesgesundheitsbehörde.
„Auf Basis der wissenschaftlichen Ergebnisse und der positiven Erfahrungen der Pilotschulen empfehlen der Berufsverband Kinderkrankenpflege Österreich (BKKÖ) und die Direktor*innen der Projektschulen dringend, das erfolgreiche Pilotprojekt „School Health Nurse“ der Stadt Wien nach Ende 2024 österreichweit auszurollen“, so Bilir. Hutter ergänzt: „Die Ausweitung der School Nurses stellt eine vorausschauende Weiterentwicklung der Schulgesundheitspflege dar und stärkt die Resilienz des zentralen gesellschaftlichen Ankerpunkts Schule.“
Fachlicher Kontakt:
Mag.a Michaela Bilir
Leitung Expert*innen-Gremium im Vorstand des BKKÖ
+43 664 858 06 92
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Zur Pressemitteilung: https://kinderkrankenpflege.at/media/file/100622_Pressetext_Erfahrungen_und_Empfehlungen_Pilotprojekt_School_Nurses_20_06_2024.pdf
Foto: stock.adobe.com – Africa Studio
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